Die Strecke

Die Strecke führte von meinem Heimatort aus durch Heubach, Böhmenkirch, Schalkstetten, Stubersheim, Hofstett-Emerbruch, entlang des Salachberg nach Lonsee, Dornstadt / Ulm, Blaustein, Ermingen, Einsingen, Erbach, Dellmensingen, Stetten, Achstetten, Laupheim, Baustetten, Baltringen, Äpfingen, Oberhöfen und schließlich Biberach an der Riß.
Daten
Gelaufene Distanz | 103,68 Kilometer |
Gesamte Laufzeit | 15:00:38 St. |
Durchschnittsgeschwindigkeit | 08’41“ Km/Min. |
Gesamt verbrannte Kalorien | 5103 kcal |
Steigungszunahme | 2261 Meter |
Schritte | 102.849 |

Ablauf
Früh Morgens / Vormittag
Am 29. April 2024, früh um 6:30 Uhr, startete ich mein Abenteuer Richtung Süden vor mir lag eine Strecke mit stolzen 2.300 Höhenmetern. Schon bei der Planung war klar: Ohne mehrere Stopps würde ich diese Tour nicht schaffen. Also plante ich Pausen fürs Frühstück, ein kräftiges Mittagessen und am Abend noch ein paar Extra-Kalorien, um die Energie aufrechtzuhalten.Die erste Rast gönnte ich mir nach gut 20 Kilometern mitten in der idyllischen Schwäbischen Alb, in der kleinen Stadt Böhmenkirch. Mit einer frischen Brezel und einem Croissant im Bauch fühlte ich mich bereit für die nächste Etappe und machte mich wieder auf den Weg.Begleitet wurde ich von meiner Lieblingsmusik, die ich mir mittlerweile nur noch bei Läufen jenseits der 50 Kilometer gönne. Und ganz ehrlich: Ich kann es jedem empfehlen. Bei solchen Distanzen bringt Musik genau die Abwechslung, die man braucht, um den Kopf frei zu bekommen und die Kilometer wie im Flug vergehen zu lassen.
Mittag
Die Sonne brannte mittlerweile gnadenlos vom Himmel, als ich mich gegen Mittag meinem nächsten Etappenziel näherte: Ulm. Ohne Kopfbedeckung zu laufen war wohl nicht die klügste Entscheidung, das spürte ich schon jetzt und sollte es in den Tagen danach noch deutlich bereuen. Zum Glück machten meine New Balance Schuhe einen herausragenden Job. Selbst nach all den Kilometern spürte ich keine Beschwerden, keine Blasen, nichts, meine Füße hielten durch, als wären sie dafür gemacht. Der Weg nach Ulm verlangte mir trotzdem einiges ab. Mehrmals musste ich meine Wasservorräte auffüllen, denn die zwei Liter in meinen Salomon-Flaschen waren bei diesen Temperaturen schneller leer, als ich gedacht hatte. Bei inzwischen 25 Grad schaute ich auf mein Handy: 57 Kilometer standen auf dem Tacho und endlich war ich in Sichtweite von Ulm. Doch kurz bevor ich die Stadt erreichte, passierte es: Beim Überqueren einer Brücke schoss plötzlich aus dem Nichts eine Wespe oder vielleicht war es eine Biene und rammte mich mit voller Wucht an die Stirn. Der Stich brannte höllisch. Zwar hatte ich für alles Mögliche Tabletten dabei, nur gegen Insektenstiche eben nicht. Aber nach etwa zehn Minuten Schmerz beschloss ich: Egal, einfach weiter. In Blaustein, einer kleinen Nachbarstadt von Ulm, legte ich schließlich eine wohlverdiente Pause ein und suchte Zuflucht in einem McDonald’s. Ich gönnte mir kalte Getränke und reichlich Kalorien, um meine leergebrannten Energiespeicher wieder aufzufüllen. Mit ein paar Eiswürfeln kühlte ich meine geschwollene Stirn. Nach rund 45 Minuten fühlte ich mich wieder halbwegs bereit und machte mich auf, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen.
Nachmittag / Abend
Am Nachmittag erreichte die Hitze ihren absoluten Höhepunkt 29 Grad, und die Sonne brannte erbarmungslos auf mich herab. Ich schätzte, dass ich an diesem Tag zwischen acht und neun Liter weggeschluckt habe: Wasser, Powerade, Gatorade und sogar Kokoswasser, um meinen Körper irgendwie im Gleichgewicht zu halten. Dazu verputzte ich im Laufe der Strecke noch eine komplette Packung Corny-Riegel und aß so circa 7 Bananen, mein Treibstoff für die unzähligen Kilometer. Doch die Sonne hinterließ Spuren: Meine Stirn begann zu glühen, ein Sonnenbrand bahnte sich an. An diesem Tag spürte ich davon noch nicht die volle Wucht aber ich ahnte schon, dass es später unangenehm werden würde. Zwischendurch lief nicht alles rund: Gleich zwei Mal verlief ich mich. Besonders ärgerlich war der zweite Fehltritt über zwei Kilometer Umweg, der in einer Sackgasse endete. Jeder extra Schritt brannte in den Beinen. Und dank Google Maps fand ich mich teils auf Straßen wieder, die grenzwertig gefährlich waren. Kein Wunder, dass mein Handy am Abend eine Bildschirmzeit von 16 Stunden anzeigte 11 davon nur fürs ständige Navigieren mit Maps. Gegen 19 Uhr, als die Dämmerung langsam hereinbrach, erreichte ich endlich Laupheim. Die Schatten wurden länger, die Hitze ließ nach und ganz hinten am Horizont, in der Ferne, erkannte ich die ersten Umrisse hoher Berge. Dieser Anblick packte mich. Trotz der Erschöpfung spürte ich plötzlich neue Motivation: Ich wollte weiter, immer weiter, den Bergen entgegenlaufen.
Nachts
Gegen 21:30 Uhr war es stockdunkel, als ich meine Ausrüstung für die Nacht änderte. Die Stirnlampe schaltete ich ein, meine Laufhose und das Langarmshirt kamen zum Einsatz und schon ging es weiter in die Dunkelheit. Die kalte Nachtluft umhüllte mich, doch das war nicht das Einzige, was sich an diesem Punkt spürbar änderte. Jeder Schritt wurde anstrengender, meine Beine begannen zu verkrampfen und die Erschöpfung kroch immer weiter in meinen Körper. Ich merkte, wie ich langsam an mein absolutes Limit stieß. Der Schmerz war da, aber ich musste weiter es gab keine andere Option. Stunden vergingen, und ich kämpfte mich weiter durch die Nacht. Gegen Mitternacht, exakt um 0 Uhr, erreichte ich schließlich den Bahnhof in Biberach. 15 Stunden purer Laufzeit lagen hinter mir. Ich hatte mein ursprüngliches Ziel nicht erreicht und dennoch fühlte ich mich wie ein zweigeteilter Mensch. Einerseits war ich frustriert, weil ich mehr erwartet hatte. Andererseits war da dieser tiefe Stolz, der mich für die Leistung, die ich vollbracht hatte, erfüllte. Wenn mir vor sechs Jahren jemand erzählt hätte, dass ich mit 21 Jahren 100 Kilometer am Stück laufen würde, hätte ich ihn wahrscheinlich ausgelacht. Doch heute, in diesem Moment, wusste ich: Ich hatte das Unmögliche geschafft. Und das würde mich für immer begleiten.

